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Fairgency Mentale Gesundheit

Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz – was können Unternehmen tun?

“Das Wichtigste, wenn es um das Thema psychisches Wohlbefinden und Gesundheit geht, ist: Auf sich selbst achten und seine Bedürfnisse kennenlernen”, rät Arbeits- und Organisationspsychologin Aurelia Hack, mit der wir für Fairgency über das Thema “Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz” gesprochen haben. Im ersten Teil haben wir die Verhaltensprävention erklärt:  Was jeder Einzelne tun kann, um Arbeit positiv zu gestalten und seine eigene psychische Gesundheit zu fördern. Viele Gefährdungspotenziale liegen jedoch in den Strukturen der Arbeitswelt. Deshalb geht es heute darum, was Unternehmen und Führungskräfte tun können (und sollten), um ihre Mitarbeitenden bestmöglich zu schützen und unterstützen. Der Fachbegriff dafür lautet Verhältnisprävention.

Quelle: Pexels

Rahmenbedingungen – Multitasking, Meetings & Menschen

“Es fängt an bei der Arbeitsorganisation und Kommunikation, bezieht sich aber auch auf die Beziehungen der Mitarbeitenden untereinander und zu ihren Führungskräften, sowie auf soziale Stressoren, Unterbrechungen, Multitasking usw.”, erklärt Aurelia Hack. Diese Komponenten werden oftmals vernachlässigt, obwohl sie bedeutungsvoll sind. 

Kommunikation als Maxime

“Es ist wichtig, dass Mitarbeitende das Gefühl haben, gesehen und wertgeschätzt zu werden. Und zwar nicht nur für das, was sie leisten, sondern auch dafür, wer sie sind”, so die Expertin. Führungskräften rät sie daher, diese Wertschätzung auf täglicher Basis auszudrücken und ein Gefühl von Zugehörigkeit zu etablieren. Man müsse nicht beste Freunde werden, aber eine sich wohlgesonnene Basis, die den Raum für Gedanken und Gefühle öffnet, sei maßgeblich. Dieser Raum sollte so sein, dass auch Kritik und Schwächen Platz haben und Fehler zugegeben werden können – ohne sofort schwerwiegende Konsequenzen zu fürchten. Aurelia Hack ermutigt Führungskräfte dazu, regelmäßig in den 1:1 Austausch mit jedem einzelnen Teammitglied zu gehen:

“Es reicht nicht, wenn sich alle gleichzeitig im Teammeeting sehen. Es ist wichtig, Interesse am einzelnen Menschen zu haben. Insbesondere zu ruhigen Mitarbeitenden bekommt man so einen ganz anderen Zugang als in der Gruppe”

Aurelia Hack – Arbeitspsychologin

Vorbild Führungskraft

Damit Mitarbeitende sich trauen, offen und ehrlich zu sprechen, brauchen sie Vertrauen und ein Gefühl von Sicherheit. Das können Führungskräfte schaffen, indem sie als Vorbild vorangehen und selbst ihre Unsicherheiten oder Stressoren teilen: “Wenn wir heute alle unsere Energielevel aufzeigen, muss ich ganz ehrlich sagen, von eins bis zehn stehe ich gerade auf einer vier, weil mein Kind heute richtig krank ist und nicht durchgeschlafen hat, kann schon ein Eisbrecher sein”, veranschaulicht Aurelia Hack eine Möglichkeit. Implizit validiert man damit die Herausforderungen seiner Angestellten – auch die privaten. Diese lassen sich bei der Arbeit immerhin nicht komplett ausblenden. 

Als Führungskraft eigene Fehler zuzugeben, erleichtert es allen anderen, ebenfalls offen über ihre Anliegen zu sprechen.

Dann gilt es, keine Vorwürfe zu machen, sondern verständnisvoll zu bleiben. Es sollte wertgeschätzt werden, dass Mitarbeitende sich trauen, den geschaffenen Raum zu nutzen. Auf dieser Basis lassen sich gemeinsam Lösungen finden und konstruktiv an strukturellen Veränderungen arbeiten. “Wer ein Problem zur Seite schiebt, kann sich gewiss sein: Es wird an anderer Stelle wieder aufploppen”, ermutigt Aurelia Hack zu einer zeitnahen Aufarbeitung. 

Team Work im Büro
Quelle: Pexels

Rituale & Prozesse – Alles braucht seine Zeit

Wie genau eine offene und empathische Kommunikationskultur geschaffen wird, kann ganz unterschiedlich aussehen. Wichtig ist, dass sie immer an die Bedürfnisse des jeweiligen Teams angepasst ist und gemeinsam aufgebaut wird. “Was ist ein sinnvolles Ritual für uns? Wünschen wir, uns morgens zum Start in den Tag kurz persönlich auszutauschen? Funktioniert für uns ein asynchrones digitales Whiteboard besser? Wie regelmäßig wollen wir Feedback?”, sind hilfreiche Fragen. Es können gerne verschiedene Wege ausprobiert werden, statt sich mit der erstbesten Variante zufriedengeben. Wenn ein Ritual nicht zum Team passt, ist es nur von kurzer Dauer.  

Daten & Psychologie – Eine gute Grundlage 

Wie bekommen Führungskräfte ein realistisches Bild davon, wie es um ihr Team steht? Spekulationen sind nicht angebracht und wenig zuverlässig. “(Anonyme) Daten sind eine gute Grundlage, ehrliches Feedback zu bekommen. Offener Austausch funktioniert erst dann, wenn psychologische Sicherheit gegeben ist. Bis dahin lässt sich beispielsweise mit Fragebögen arbeiten, die an die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie angelehnt sind”, erklärt Aurelia Hack.  Die Gefährdungsbeurteilung nach Artikel 5 des Arbeitsschutzgesetzes gibt einen umfassenden Einblick in die psychischen Belastungen der Arbeitnehmenden. Dabei geht es nicht nur um die Beurteilung von psychischer Verfassung oder Gesundheit, sondern auch um die Beurteilung und Gestaltung der Arbeit in Bezug auf psychische Belastung. Konkret geht es dabei um folgende fünf Bereiche:

  • Arbeitsinhalt/ Arbeitsaufgabe
  • Arbeitsorganisation
  • Soziale Beziehungen
  • Arbeitsumgebung
  • Neue Arbeitsformen

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Aurelia Hack empfiehlt, diese Beurteilung von externen Anbietern durchführen zu lassen. “Die Angst davor, dass sich die Ergebnisse auf einzelne Mitarbeitende zurückführen lassen, wird geringer. Menschen trauen sich vielmehr, wirklich ehrlich zu sein”, erläutert sie, “Es schadet nicht, so etwas einmal im Jahr zu machen. Das ist ein schöner Indikator zu sehen: Wo steht das Unternehmen? Wie hat sich unsere Kultur verändert?” 

Fazit

“Insbesondere die Führungsebene ist in der Verantwortung, sichere Räume zu schaffen und mit guter Kommunikation voranzugehen. So etwas gehört zu den Aufgaben einer Führungskraft”, resümiert Aurelia Hack. “Aber ich möchte alle Mitarbeitenden ermutigen, sich zu öffnen. In vielen Fällen ist man nicht allein mit einem Problem oder einer Situation, die einen stresst. Oft geht es vielen so, nur traut sich keiner, das anzusprechen. Nur wer den Mut aufbringt, hat die Chance, mit Veränderung belohnt zu werden.”

Aurelia Hack ist Arbeits- und Organisationspsychologin und Inhaberin der Unternehmensberatung Hack Corporate Health Consulting & Communication (HCHCC). Der Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit liegt auf Mental Health at Work sowie den Arbeitstrends der Zukunft. Sie berät Unternehmen europaweit dabei ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement zu etablieren oder ihr bisheriges Corporate Health Management zu optimieren, um die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu schützen. Zudem engagiert sie sich für die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen im Allgemeinen. Ihre Expertise und Erfahrungen gibt sie im Rahmen von Vorträgen, Seminaren und Workshops weiter.

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