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Regenbogenflagge (Pride Flag) wird gehisst

Pride Year – Was passiert nach dem Pride Month?

Jedes Jahr im Juni feiern wir den Pride Month. Während Queer-Sein im Allgemeinen immer sichtbarer wird, wird in diesem Monat besonders großes Augenmerk auf die LGBTQIA+-Community gelegt. Es geht um Stolz und den Kampf um Gleichberechtigung. 

Zu diesem Anlass hissen einige Unternehmen die Regenbogenflagge und umranden ihr Profilbild in den sozialen Netzwerken mit den entsprechenden Farben oder vermarkten ihren eigenen „queeren Merch“. Jedoch bleibt am Ende des Monats oft ein Vorwurf seitens der LGBTQIA+-Community zurück: Und jetzt? Stellen sich Unternehmen ganzjährig der Aufgabe, ein diskriminierungsfreier Arbeitsplatz zu sein, oder ist das Hissen der Regenbogenflagge doch eher eine Vermarktungsstrategie? Wie diskriminierungsfrei sind Arbeitsplätze in Deutschland und was können Unternehmen machen, um ein richtiger Safe-Space zu werden?

Ein Mensch mit einem Regenbogenband (Pride flag) ist zu sehen.
© Pexels / Anete Lusina

Deutschland und queere Menschen 

In den letzten Jahrzenten hat sich die Stellung von Menschen der LGBTQIA+-Community verbessert. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das 2006 in Kraft getreten ist, setzt eine Grundlage gegen Diskriminierung. Nach diesem darf kein Mensch aufgrund seines Geschlechts oder der sexuellen Orientierung und Identität eine Benachteiligung erfahren. Trotzdem geben immer noch rund ein Drittel der in Studien befragten queeren Menschen an, im Arbeitsumfeld diskriminiert zu werden: 

40 % der befragten queeren Menschen geben an, vor Arbeitgeber:innen ungeoutet oder verschlossen zu sein.

31 % der befragten queeren Menschen geben an, vor Kolleg:innen ungeoutet oder verschlossen zu sein.

11 % der befragten queeren Menschen geben an, in den letzten 12 Monaten bei der Jobsuche diskriminiert worden zu sein. 

23 % der befragten queeren Menschen geben an, in den letzten 12 Monaten am Arbeitsplatz diskriminiert worden zu sein.

37 % der befragten Trans*- und Intersexuellen* Menschen geben an, in den letzten 12 Monaten bei der Jobsuche diskriminiert worden zu sein.

38 % der befragten Trans*- und Intersexuellen* Menschen geben an, in den letzten 12 Monaten am Arbeitsplatz diskriminiert worden zu sein.

Und jetzt? 

Hier besteht Handlungsbedarf! 

Da es um das Wohlbefinden von queeren Menschen geht, möchte ich die Community selbst zu Wort kommen lassen. Anlässlich der Recherche zu diesem Artikel habe ich einige queere Menschen in meinem Umfeld gefragt: Wie erlebt ihr euer Queer-sein am Arbeitsplatz? Was würdet ihr euch von eurer / eurem Arbeitgeber:in in einer Diskriminierungssituation wünschen? Wie kann ein:e Arbeitgeber:in einen sicheren Arbeitsplatz schaffen? Die Antworten darf ich anonymisiert in diesem Beitrag verarbeiten. 

Die Angst vor Benachteiligung führte bei einigen Befragten dazu, dass über das Queer-Sein nur bedingt oder gar nicht gesprochen wird: „Ich spreche nicht gezielt an, dass ich queer bin bzw. spreche nur mit Kolleg:innen darüber, denen ich vertraue, da es doch mal sein könnte, dass eine Person negativ darauf reagiert.“ Besonders offen und angstfrei fühlten sich diejenigen, die im Arbeitsumfeld Repräsentation erfahren und sich selbst mit anderen queeren- oder aufs Queer-sein sensibilisierten Menschen umgeben. 

Was geht und was nicht?

Um queer-feindlichen Vorfällen vorzubeugen, ist es daher wichtig, Sensibilität zu schaffen. Diskriminierendes Handeln passiert oft unbewusst. In Workshops, Weiterbildungen oder auch im direkten Austausch mit der Community kann antidiskriminierendes Verhalten und eine angemessene Reaktion auf Diskriminierung erlernt werden. Gerade Ausbildende oder andere Menschen in Führungspositionen sollten hier als Positiv-Beispiel vorangehen und im Zweifel diskriminierendes Verhalten sanktionieren:

„Arbeitgebende sollten Diskriminierung jeglicher Art am Arbeitsplatz sehr ernst nehmen und dürfen dies nicht tolerieren oder einfach ignorieren. Sie müssen dies offen ansprechen, Gespräche und Dialoge führen und initiieren. Bei wiederholt auffällig diskriminierenden Aussagen oder Taten müssen sie Konsequenzen ziehen.“

Eine weitere Person setzt ein ähnliches Statement: „Wegsehen ist Mittäterschaft.“

Wenn diskriminierendes Verhalten sanktioniert und antidiskriminierendes Verhalten am Arbeitsplatz aktiv erlernt und gelebt wird, so habe dies eine positive Auswirkung auf das Wohlbefinden von einigen Befragten. Eine Bekannte erzählte mir:

„Erst heute sagte meine Chefin mir wieder, weil die Situation aufkam, dass ich da keine Angst zu haben brauche. Dass sie voll hinter mir steht und wenn mir eine Person doof kommt, diese gerne direkt gehen darf. Das ist für mich immer ein so gutes Gefühl und gibt mir sehr viel Sicherheit.“

Um schon im Bewerbungsprozess Neutralität zu schaffen, kann dieser anonymisiert werden, beispielsweise indem Lebensläufe ohne Bilder angefordert werden.

Weiterhin sollte über den Pride Month hinaus proaktiv unterstützt werden:

„Wir sind keine Promo-Aktion, um Besucher:innen zu generieren. Wenn uns Menschen unterstützen möchten, dann können sie das auch in jedem anderen Monat machen.“

Aufklärungsarbeit kann ganzjährlich passieren, und zwar nicht nur in der Öffentlichkeit. Auch intern sollten Prozesse hinterfragt und optimiert werden.

Ein Mensch hält ein Schild als Protest mit der Aufschrift: "Trans Rights are Human Rights".
© Pexels / Jack Williams
„Toleranz, Akzeptanz, Neugier, aber sensibel!“

Natürlich ist der Wunsch danach, dass das alles kein Thema mehr sein muss, groß. Dass „Anders-Sein“ zum „Normal-Sein“ wird. Dass alle Identitäten und sexuelle Orientierungen mitgedacht werden und gleichberechtigt leben können: „Ich möchte nicht mal groß, dass das Ganze jetzt thematisiert wird, sondern dass ich in Gesprächen ganz normal erzählen kann, sowie andere Kolleg:innen auch.“ Solange dieser Punkt jedoch noch nicht erreicht ist, muss aktiv für die Rechte und Freiheit von marginalisierten Communities gekämpft werden. Jeder Schritt in die richtige Richtung ist wichtig: „Toleranz, Akzeptanz, Neugier, aber sensibel!“ 

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